Adam-und-Eva-Darstellung in Portugal / picture alliance

Geplantes Selbstbestimmungsgesetz - Das Fremdbestimmungsgesetz

Das geplante sogenannte Selbstbestimmungsgesetz würde die subjektive Befindlichkeit über die objektive Realität stellen. Mit weitreichenden Folgen auch für die Betroffenen und die gesamte Gesellschaft. Es ist eigentlich ein Fremdbestimmungsgesetz.

Autoreninfo

Prof. Dr. med. Aglaja Stirn ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin, Psychoanalytikerin, Gruppenanalytikerin und Sexualtherapeutin. Sie hat über verschiedene Themen publiziert, v.a. den Umgang mit dem Körper, Sexualmedizin und allgemeingesellschaftliche Themen.    

So erreichen Sie Aglaja Stirn:

Autoreninfo

Dr. Wolfgang Balzer ist promovierter Physiker. Ausbildung und erworbene Erfahrung – etwa bei Systemanalyse und Modellierung – haben zu einer Rundumsicht über den Tellerrand einzelner Fachgebiete hinaus geführt, die auch beim Blick auf allgemein-gesellschaftliche Themen nützlich ist.  

So erreichen Sie Wolfgang Balzer:

„In zwei Wochen soll im Bundestag ein Gesetz verabschiedet werden, das Bürgern das Recht gibt, ihr gefühltes Alter in offizielle Ausweisdokumente und in staatliche Aufzeichnungen – etwa beim Einwohnermeldeamt – eintragen zu lassen, und zwar auch rückwirkend. Entsprechende Erklärungen dürfen einmal pro Jahr abgegeben werden. Das ,wahre‘ (biologische) Geburtsdatum einer Person zu offenbaren (Fachbegriffe analog Deadnaming und forciertes Outing: Dead-Birthdating) soll mit bis zu 10.000 Euro Strafe belegt werden.“

Stimmt – diese Meldung ist erfunden. Sie wäre aber von der Logik her nur eine konsequente Fortführung des Gedankens, der dem jetzt im Bundestag debattierten „Selbstbestimmungsgesetz“ zugrunde liegt. Dieses SBG will jedem Menschen das Recht geben, unhinterfragt das gefühlte eigene Geschlecht in offizielle Dokumente eintragen zu lassen, und das rückwirkend. Das Offenbaren des „früheren“ biologischen Geschlechts einer anderen Person gegen deren Willen soll mit bis zu 10.000 Euro Strafe belegt werden. 

Bedenken, dass sich dann äußerlich wie Männer aussehende Personen Zugang zu sensiblen Räumen wie etwa Frauensaunen verschaffen könnten, werden mit dem Argument beiseite gewischt, dass es ja für die Betreiber solcher Einrichtungen das Hausrecht gebe – meist verbunden mit dem Hinweis, dass dabei natürlich auch das strafbewehrte Diskriminierungsverbot zu beachten sei.

Massive Risiken für die Gesellschaft als Ganzes

Natürlich gibt es Argumente für eine solche Regelung. Zweifellos wird damit das Leid einzelner gemildert, und auf den ersten Blick „kostet“ es die Gesellschaft auch nichts. Das ist jedoch nur der naiv-emotionale Blickwinkel. Genauere Analysen zeigen massive Risiken für die Gesellschaft als Ganzes, und das aus multiplen Richtungen. Die Risiken für das gesamte Rechtssystem wurden bereits mehrfach beschrieben. In diesem Beitrag geht es um die psychosoziale und gruppendynamische Perspektive. Nachfolgend zunächst eine kurze fachliche Einordnung aus psychologischer, sexualmedizinischer und psychosomatischer Sicht. Unterschieden werden muss zwischen

  • einer Störung der körperlich-sexuellen Entwicklung (vormals Intersexualität, engl. Disorders of Sex Development, DSD, entsprechend der Klassifikation der Chicagoer Konsensuskonferenz von 2005), bei der sich auf Basis körperlicher Merkmale eine Person weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lässt, und
  • einem geschlechtsbezogenen Identitätskonflikt (Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie, Transsexualität).

In der öffentlichen Debatte werden diese beiden Kategorien insbesondere von Nicht-Fachleuten oft – und manchmal aus taktischen Gründen – vermischt. Hier soll es nur um die zweite Kategorie gehen. Ebenso sollte festgehalten werden, dass ein tatsächlicher Wechsel des biologischen Geschlechts (evolutionsbiologisch, molekularbiologisch, genetisch etc.) unmöglich ist. Modifiziert werden kann vor allem die phänotypische Erscheinung, also äußere geschlechtsspezifische Attribute – auch dies teilweise nur auf optischer und nicht funktionaler Ebene –, und die systemische, mittels Hormonen. 

Die Medizin kann aber, und das auf absehbare Zeit, weder einer Transfrau die Möglichkeit geben, Kinder zu gebären, noch einem Transmann zu einem voll funktionsfähigen Penis verhelfen. Insofern ist auch der Ausdruck „geschlechtsangleichende Maßnahmen“ im Grunde irreführend. 

Dritte-Personen-Perspektive

In der bisherigen Gesetzeslage ist es bereits möglich, das „eigene Geschlecht“ zu wechseln, allerdings erst nach Durchlaufen einer Art von Prüfprozess bzw. einer fachlichen Dritte-Personen-Perspektive. Auch hier gilt es etwas klarzustellen: In der aktuellen Debatte wird von SBG-Befürwortern gerne behauptet, die aktuelle Gesetzespraxis sei verfassungswidrig. Tatsache ist, dass die aktuelle Gesetzespraxis den entsprechenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichts längst angepasst wurde und vollständig grundgesetzkonform ist.

Mit der neuen Gesetzeslage soll es nun möglich sein, den eigenen Geschlechtseintrag in Form eines reinen Selbstdeklarationsakts zu bestimmen. Dieser Wechsel soll einmal pro Jahr möglich sein, im Entwurf ist lediglich eine Wartefrist von drei Monaten vorgesehen, bis die Änderung wirksam wird. Das SBG regelt nur das Procedere beim Namens- und Geschlechtseintrag und befasst sich nicht mit nachfolgenden Schritten, also operativen Veränderungen oder chemischen Eingriffen in den Hormonhaushalt des Körpers. Dies wird von einigen Befürwortern auch als Argument genutzt, dass es hier ja gar nicht um medizinisch riskante Eingriffe gehe und insofern die ganze Debatte um das SBG überzogen sei. 

Abgesehen davon, dass es naiv wäre, Zusammenhänge zwischen einem erleichterten Einstieg und tatsächlichen medizinischen – fast immer massiven und oft irreversiblen – Eingriffen auszublenden: Die Brisanz des SBG ergibt sich zu einem Gutteil daraus, dass eine reine Änderung auf der Personenstandsebene die Notwendigkeit der Verleugnung fundamentaler menschlicher Wahrnehmung zur Folge hätte; mit negativen Folgen für die gesamte Gesellschaft.

Das Ordnungsprinzip Geschlecht

Aus wissenschaftlicher, biologischer, evolutionsbiologischer, medizinischer, sexualmedizinischer, psychosomatischer, entwicklungspsychologischer und soziologisch-gesellschaftlicher Sicht ist das biologische Geschlecht eine objektive und klar bestimmbare Größe, die sich genau definieren lässt. Auch biologische Varianten der Geschlechtsentwicklung lassen sich klar medizinisch und biologisch definieren. 

In allen Kulturen des menschlichen Zusammenlebens gibt es das Ordnungsprinzip Geschlecht, fast immer binär (männlich und weiblich), selten noch ein drittes Geschlecht, das eine klare gesellschaftliche Einteilung und damit sinnvolle Ordnung, Respekt, Schutz und Sicherheit ermöglicht. Dies zeigt sich im kompletten medizinischen System, inklusive Fachärzten und Gendermedizin, ebenso wie in allen Strukturen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, etwa bei gesellschaftlichen Raumzuordnungen oder beim Sport.
 

Passend zum Thema: 


Personenstandsrecht ist daher eine grundlegende Kategorie für eine Person selbst und die soziale Umgebung (sprich: Gesellschaft), die nicht nur rechtliche Auswirkungen hat, sondern auch soziale und zwischenmenschliche. Geschlechtsidentität ist dagegen ein psychologisches und gefühlsmäßiges Konstrukt einer Person aus der Ich-Perspektive, also ein rein subjektives Empfinden. Sollte dieses Empfinden zum Maßstab der Kategorie werden, hieße dies, das von Dritten objektiv feststellbare Geschlecht einer subjektiv empfundenen Geschlechtsidentität unterzuordnen. Das Gefühl des einzelnen Subjekts soll über die Wahrnehmung der sozialen Gruppe herrschen.

Noch dramatischer: Die freie Wahl des eigenen Geschlechtseintrags soll – mit nur wenigen Einschränkungen – bereits ab 14 Jahren möglich sein. Dies ist die Zeit der Pubertät, in der viele Heranwachsende ohnehin eine massive Verunsicherung im Hinblick auf ihre Identität und ihre Sexualität erleben. Minderjährige sind zumeist nicht in der Lage, Bedeutung, Tragweite und Folgen von komplexen Entscheidungen einzuschätzen. In dieser Phase ist auch der Einfluss von Peer-Gruppen und damit das Risiko „sozialer Ansteckung“ (Werther-Effekt) besonders hoch. 

Identität und Körperidentität sind gerade in der Pubertät unsicher und flexibel. Das passt auch zu der im Gesetz verankerten Vorstellung, man könne seine Geschlechtsidentität im Jahrestakt verändern. Umgekehrt zeigt dies aber auch, als wie wenig stabil diese Identität angesehen wird. Umso instabiler das Fundament ist, desto weniger sollte man aber irreversible Tatsachen schaffen – dies kann auch zu mehr Verwirrung, psychischer Unsicherheit und Entfremdung vom Körper führen. Das SBG will eine verpflichtende fachärztliche Begleitung und Begutachtung durch die freiwillige „Beratung“ durch Peer-Gruppen ersetzen – hier mag sich jeder selbst fragen, welches Maß an Objektivität hier zu erwarten ist. 

Essentiell für korrekte Diagnosen

Es ist mittlerweile unbestritten, dass männliche und weibliche Körper in vielerlei Hinsicht unterschiedlich sind und daher für eine Vielzahl von Behandlungen das biologische Geschlecht essentiell für korrekte Diagnosen und für die Auswahl und Dosis von Medikamenten ist. Ein Transmann (also eine biologische Frau) wird zur Frauenärztin gehen. Das heißt, er weiß um seine weiblichen Geschlechtsorgane. Sollte er dies verleugnen, könnte er sich selbst schaden.

Das bisherige Gesetz setzt die Änderung des Namens- und Geschlechtseintrags ans Ende eines Prozesses, der mit sorgfältiger und verantwortungsvoller fachlicher Beratung beginnt und begleitet wird. Es darf daher angenommen werden, dass der Patient zu dem Zeitpunkt, an dem er über massive und teilweise irreversible chemische und operative Eingriffe in seinen Körper entscheiden muss, bereits eine entsprechende Aufklärung über mögliche Primär- und Sekundärrisiken erhalten hat. Die Umkehrung dieses Prozesses schafft eine Dynamik, in der bereits – psychologisch gesehen – Fakten geschaffen wurden und in der das Risiko besteht, dass Folgeschritte nicht mehr mit gebotener kritischer Distanz betrachtet werden.

Nachträglich als Fehleinschätzung erkannt

Menschen, die sich damit beschäftigen, ob sie eventuell transident sein könnten, suchen zumeist zunächst „queere“ Gruppen auf. Aus gruppendynamischer Sicht ändert sich, wenn der Weg in Richtung Transition begonnen wird, die Gruppenzugehörigkeit. Eine Umkehr kann – gerade für junge Menschen – zu einem „Schamproblem“ sowohl gegenüber der ursprünglichen als auch der neuen Gruppe führen.

Es gibt mittlerweile eine Reihe von Studien, nach denen sich die Selbstdiagnose „trans“ im Entwicklungsverlauf nicht weniger Kinder und Jugendlicher nachträglich als Fehleinschätzung herausstellt – wenn dieser Entwicklung der notwendige Raum gegeben wird. Mit einer fachlich ungeprüften (in Form eines Verwaltungsaktes vorgenommenen) Personenstandsänderung würden aber Fakten geschaffen, indem die Fortsetzung des einmal eingeschlagenen Wegs zunehmend als alternativlos erscheint.

Von einigen Befürwortern des SBG wird die Ansicht vertreten, dass eine niederschwellige Vornamens- und Personenstandsänderung als „Probehandeln“ positiv dazu beitrage, durch eine vollständige soziale Transition Rollensicherheit und -klarheit zu gewinnen. Wissenschaftlich gesehen ist dies aber lediglich eine von mehreren Hypothesen, die zudem aus alltagspraktischer Sicht ein wenig naiv erscheint. Mindestens ebenso plausibel ist aus fachlicher Sicht und empirischer Erfahrung, dass eine einmal vollzogene Personenstands- und Vornamensänderung den Druck deutlich erhöht, in einem zweiten Schritt auch medizinische Maßnahmen zur „Geschlechtsangleichung“ einzufordern. 

Fachmedizinische Stellungnahmen kommen daher zu dem Ergebnis, dass eine Begutachtung auch die Funktion einer therapeutischen Intervention haben kann und daher die Beibehaltung der bisherigen Praxis eindeutige Vorteile für die Betroffenen hat. Der Wunsch, einem anderen Geschlecht anzugehören als dem über biologische Merkmale definierten Geburtsgeschlecht, basiert auf einem aus wissenschaftlicher Sicht überholten, noch in alten religiösen Kategorien verwurzeltem Denken, nämlich der Annahme einer Trennbarkeit von Körper und Geist. Ohne diese Annahme wäre es absurd, von einer „richtigen“ Seele im „falschen“ Körper zu sprechen. Aus der psychosomatischen Perspektive gibt es keine Trennung zwischen Körper und Geist, beide bedingen sich. Man spricht auch von einem erweiterten bio-psycho-sozialen Modell.

Eine angeborene Frauen- oder Männeridentität

Insofern basieren schon die Prämissen des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes auf einer überholten Form der wissenschaftlichen Erkenntnis. Selbst wenn man kurz annimmt, dies sei nicht so – woher soll ein „weiblicher Geist“ wissen, wie sich ein „männlicher Körper“ anfühlt (und vice versa)? Ein Mann kann das Geschlecht einer Frau nicht fühlen – er kann es sich höchstens wünschen oder vorstellen. Letzten Ende geht es also um Körperbilder, um Wunschkörper, und auch um Rollenbilder: Es gibt keine durch wissenschaftliche Studien bewiesenen Hinweise auf angeborene Rollenbilder oder Identitäten als Frau oder Mann, also ein angeborenes Frauen- oder Männerbild bzw. eine angeborene Frauen- oder Männeridentität.

Die Frage ist einfach die nach der langfristig besten Lösung für jemanden, mit einem starken Wunsch, den Körper des jeweils anderen Geschlechts zu haben, wenn man berücksichtigt, dass ein echter Wechsel des Geschlechts objektiv unmöglich ist – spätestens, wenn es um Fortpflanzung geht. Ein Sechzigjähriger wird sich vielleicht auch wünschen, den Körper eines Vierzigjährigen zu haben, und einige werden auch darunter leiden, dass dies nicht der Fall ist. Nach der dem SBG zugrundeliegenden Logik wäre der Weg, das Leid zu lindern, ein geänderter Eintrag beim Geburtsdatum und womöglich noch eine Strafandrohung, wenn andere auf das tatsächliche biologische Alter einer Person hinweisen.

In gewisser Weise ist das SBG aber auch Ausdruck von Allmachtsphantasien, der Macht sogar über den eigenen Körper. Nur gibt es diese Macht tatsächlich nicht, und ihre Illusion mag kurzfristige Erleichterung bringen, langfristig ist sie aber eine Sackgasse. Eine Transition kostet viel Aufmerksamkeit und Zeit, sie ist vielleicht eine Scheinlösung, die einen Ausweg aus problematischen Verhältnissen, Misshandlungs- und Missbrauchssituationen oder einer nicht akzeptierten homophilen Entwicklung verspricht (nicht wenigen Menschen mit Geschlechtsdysphorie wurden auch posttraumatische Belastungsstörungen diagnostiziert; Anm. d. Red.)

Das Subjektive wird über das Objektive gestellt

Soweit zu einer Betrachtung aus der Perspektive einzelner Personen. Noch wichtiger ist aber eine nüchterne Betrachtung – jenseits emotional aufgeladener Geschichten, die SBG-Befürworter gerne verwenden –, welche Auswirkungen das SBG gesellschaftlich hat. Die Zuordnung des Geschlechts eines Gegenübers – die im übrigen statistisch gesehen äußerst gut funktioniert – ist eine fundamentale Funktion menschlicher Wahrnehmung und das Fundament der gesamten sozialen Interaktion. 

Das SBG verlangt letzten Endes, diese Wahrnehmung zugunsten einer anderen, vom Gegenüber gewünschten zu unterdrücken, am Wahrnehmungswunsch eines Gegenübers mitzuwirken. Es wird also nicht nur das Subjektive über das Objektive gestellt; das Gesetz will der Subjektivität einiger – ein Wohlgefühl, wenn andere ihnen ihren Wunschkörper bestätigen – Vorrang verschaffen vor der Subjektivität anderer, die eventuell bei einem erzwungenen Verleugnen ihrer Wahrnehmung Unwohlsein verspüren.

Mit der gleichen Logik, wie sie dem Selbstbestimmungsgesetz zugrunde liegt, könnten auch gesetzliche Pflichten zur Unterdrückung anderer Wahrnehmungen zugunsten von Wunsch-Wahrnehmungen gefordert werden. Das kann die Hautfarbe sein, das Alter, Merkmale, die körperliche Attraktivität ausmachen – in letzter Konsequenz sogar Qualifikationen. Alles mit dem Argument, Diskriminierung zu beseitigen und das Wohlgefühl einiger zu steigern.

Gesellschaftliche Ordnungsprinzipien

Mit dem geplanten SBG würden verlässliche gesellschaftliche Ordnungsprinzipien aufgegeben und durch permanente unterschwellige Stressoren ersetzt, einen permanenten Zwang zur kognitiven Dissonanz. Das wäre eine Störung in einem zentralen Bereich menschlicher und gesellschaftlicher Interaktion Insofern ist das „Selbstbestimmungsgesetz“ auch ein Fremdbestimmungsgesetz, weil es die Wahrnehmung der gesamten Gesellschaft steuern möchte. 

Wer nun sagt, das sei ja nur „gefühlt“ so – wenn das SBG es erlaubt, eine gefühlte Geschlechtszugehörigkeit auf so umfassende Weise auszuleben, müssen andere Formen der subjektiven Wahrnehmung (zumal sie potentiell eine erheblich größere Personenzahl betreffen) genauso ernst genommen werden. Das „Gefühlte“ wird zur faktischen Realität erhoben.

Wohlgemerkt: Es ist vollkommen klar, dass niemand diskriminiert werden soll, egal, wie er sich fühlt, welche Psyche oder welchen Körper er hat, was er denkt oder fühlt. Das ist nicht das Thema. Auch ist klar, dass es für den Einzelnen eventuell zu weniger Leid kommt, wenn er seinen Körper einem Wunschbild, einer psychischen Vorstellung anpasst. Problematisch wird es allerdings, wenn erkennbar ist, dass eine geplante Regelung vielleicht vordergründig Entlastungen für eine bestimmte Gruppe verspricht, bei genauerer Betrachtung aber neue Risiken für diese oder andere Gruppen erzeugt. Und erst recht problematisch wird es, wenn eine solche Regelung unverhältnismäßige Risiken für die gesamte Gesellschaft mit sich bringen würde.

Eine damit verbundene Realitätsverleugnung

Betrachtet man, welche Protagonisten das SBG gesetzgeberisch vorantreiben, lassen sich zwei Gruppen identifizieren. Wenig verwunderlich ist die eine: „Trans-Aktivisten“, also direkt Interessierte, und ihre medialen Unterstützer, die natürlich auch Profiteure im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie und über den Statusgewinn als „Opferanwälte“ sind. Verwunderlich ist allerdings, dass das SBG auch von einem breiten Spektrum von Politikern sogar aus sogenannten wertkonservativen Kreisen unterstützt wird. Auch wenn die Hoffnung, Politiker seien fähig, über den Tellerrand emotional getriebener Zeitgeistströmungen hinaus zu denken, sicher auch eine gewisse Naivität offenbart – in der breiten Bevölkerung gibt es nach aller Wahrnehmung eine klare und auf intakten sozialen Instinkten basierende Ablehnung der Ideologie, die dem SBG zugrunde liegt. 

Härter formuliert: Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein Fremdbestimmungsgesetz. Fremdbestimmt werden soll die Wahrnehmung und Kategorisierung des Geschlechts eines Gegenübers und damit auch alles, was darauf beruht. Die subjektive Befindlichkeit der Einzelperson wird über eine objektive Realität der gesamten Gesellschaft gestellt. Jeder soll dieser Befindlichkeit nachgeben und die damit verbundene Realitätsverleugnung mitmachen. Die persönliche Selbst-Wahrnehmung des Einzelnen dominiert die objektive Wahrheit der gesamten Gesellschaft mit allen Folgeschäden. Letztlich wird damit auch unser wissenschaftsbasiertes Weltbild frontal angegriffen. Dass viele Politiker dies nicht erkennen, weist auf eine Abgehobenheit hin, die wirklich Sorge bereiten sollte.

 

Eva Engelken im Gespräch mit Ben Krischke
Cicero Podcast Gesellschaft: „Das ist ein Angriff auf Frauenrechte“
  

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Christoph Kuhlmann | Mi., 3. Januar 2024 - 09:05

Bist Du wirklich eine Frau oder tust Du nur so? Wie sieht es eigentlich mit den Rechten der Menschen aus, die Wert auf eine eindeutige sexuelle Zuordnung potenzieller Partner legen?

Jens Böhme | Mi., 3. Januar 2024 - 09:38

Wenn Gesellschaft sich mit solch Themen beschäftigen, ist es orientierungs- und identitätslos. Einerseits wird Respekt gefordert, andererseits ist eine repektvolle Ansprache nicht möglich. Man stelle sich vor die Kriegsparteien in Ukraine oder Jemen haben solch Luxusprobleme wie der untergehende Westen.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 3. Januar 2024 - 09:52

Es ist zu hören, das man gegen das Gesetz klagen wird, sollte es kommen, egal in welcher Form. Dass eine juristische Auseinandersetzung die Politik nicht abschreckt, dennoch gegen den erklärten Mehrheitswillen ein solches fragwürdiges Gesetz zu verabschieden, steht inzwischen für diese Regierung, die sich um Recht und Gesetz, um das bürgerliche Rechtsempfinden einen Dreck schert. Eine verschwindend kleine Minderheit stellt die Biologie auf den Kopf. Und die Bürger? Sie schweigen auch hier mehrheitlich. Würde eine CDU geführte Regierung ein solches Gesetz wieder zurücknehmen? Nur, wenn die AFD mit in der Regierung wäre.

Hans Jürgen Wienroth | Mi., 3. Januar 2024 - 10:28

Zitat: „Auch wenn die Hoffnung, Politiker seien fähig, über den Tellerrand emotional getriebener Zeitgeistströmungen hinaus zu denken, sicher auch eine gewisse Naivität offenbart“ – in der breiten Bevölkerung gibt es … eine klare … Ablehnung der Ideologie, die dem SBG zugrunde liegt.“

Da stellt sich doch für den „Normalbürger“ die Frage: Was für Politiker haben wir in unserem Parlament, wer wählt sie aus? Welche Bildung und welche Lebenserfahrung haben sie, sind sie in der Lage, die Auswirkungen ihrer Entscheidungen zu überschauen? Sind sie überhaupt interessiert an ihrer Arbeit als Vertreter der Bürger in den Entscheidungsgremien oder wollen sie einfach mit wenig Aufwand (die Arbeit der Parlamentarier ist schwer zu kontrollieren) viel Geld verdienen?

Wenn man sich die Vita und die Äußerungen mancher Parlamentarier ansieht, kommt man zu letzterem. Führt genau das nicht zum Misstrauen der Bürger gegenüber der Regierung? Etwas so Unsinniges wie das SBG ist da nur das „Sahnehäubchen.

Edwin Gaza | Mi., 3. Januar 2024 - 10:31

Ich bin zu alt für die Diskussion, Buben haben..., Mädchen haben..., Soweit klar oder heute eben nicht.
Aber es gibt ein chromosonales Geschlecht, zumindest im Sport gab es das.
Wird gleich nach der Geburt bestimmt, auf den Arm tätowiert, Ende der Diskussion. Meint einer er sei anders, macht man neuen Test und sagt ihm finde dich damit ab oder nicht. Honig kannst du daraus nicht sagen.

Tomas Poth | Mi., 3. Januar 2024 - 11:57

Das ist halt Ideologie oder religiöse Selbstüberhöhung des selbst gefühlten.
Es soll über das objektiv Wahrnehmbare gestellt werden.
Dabei werden die Gefühle aller verletzt, bei gleichzeitiger Strafbedrohung, wenn man das Objektive ausspricht.
Wahrheit wird zur Lüge oder umgekehrt, ganz nach Orwell.
Im übrigen kollidiert die Strafbedrohung mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, ein an vorderster Stelle stehendes Grundrecht.
Ganz davon abgesehen daß ich mich in meiner Würde verletzt fühle eine Transfrau Frau nennen zu müssen.

Ronald Lehmann | Mi., 3. Januar 2024 - 12:32

JA, jeder Forist hier bringt es auf den Punkt,

das ein Paar Schuhe oder eine Medaille immer aus zwei Teilen besteht

die eine, geregelt über die Schöpferkraft DNA,
wie Mediziner den Menschen sehen - du - er - sie - männlich - weiblich

die andere als subjektives Empfinden des ICH

& hier wird garantiert auch das BGH wie in der Vergangenheit wie z.B. der Angriff auf den genetischen Vater die Grundfundamente unserer Wertegesellschaft aushöhlen, also

dem neuen ZEITGEIST anpassen

um eine neue Kasperle-Show mit vielen Folgen in Gang zu setzen

& egal, ob dies auf wissenschaftlicher oder ethischer Grundlage passiert bzw. realisierbar ist, ohne das jahrtausendalte gesellschaftliche Wertegerüst zu zerstören

denn hier vergessen einige, wir sind
MENSCHEN
& keine vom Mensch selbst hergestellte Lebewesen

Gott schütze uns vor frevelhaften Verlangen

S. Kaiser | Mi., 3. Januar 2024 - 13:45

Hier wird ansatzweise thematisiert, was am SBG fundamental irreführend ist, und was im angelsächsischen ein ‚slippery slope‘ genannt wird. Wenn man anfängt Gesetze an Gefühlen auszurichten, und das konsequent zu Ende denkt, wird jegl. Struktur aufgeweicht, die das Grundgerüst für eine Gesellschaft, ihren Aufbau, ihr Miteinander und ihre Kommunikation bildet. Wenn harte Fakten wie das biol Geschlecht nicht mehr als Definition taugen, was wäre der nächste Schritt? In diese Denke fällt auch das gewählte Beispiel des „biol“ vs des „gefühlten“ Alters. Auch hier könnte man ebenso mit Diskriminierung und Rechtsansprüchen argumentieren. Es geht nicht darum, Menschen ihr Gefühl abzusprechen. Jeder sollte frei sein, seine männl und weibl Anteile leben zu können, frei von aufoktroyierten Stereotypen. Genau d-a-s wäre echte Diversität. Die willkürl. Änderung des Personenstandes nach eigenem Gutdünken hingegen ist scheinbar einfach, aber - wie der Artikel auch diskutiert – der völlig falsche Ansatz

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 3. Januar 2024 - 14:09

Schwierigkeit, dass subjektive Selbstwahrnehmung nicht die Wahrnehmung durch Andere vorschreiben oder verbieten darf?
Möglich sein sollte ein "We agree to disagree", unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten?
Kann man ausschliessen, dass nicht der Phänotyp hormonell soweit "verändert" werden kann, dass die Geschlechtsausformung "funktionsfähig" würde.
Nur, verbieten sich solche "Experimente" nicht?
Zugrundelegen würde ich die Verschmelzung männlichen und weiblichen Erbgutes, dominantes weibliches Erbgut ist ein Mädchen, dominant männliches Erbgut ein Junge?
Wäre ein hyperdominantes Erbgut denkbar, das das "rezessive" so überwölbt, dass der Phänotyp das "rezessive" Erbgut ausbildet, aber als "gewußte" Dissonanz?
Das Ergebnis könnte eine "richtige" Seele im "falschen" Körper sein?
So eine "Überformung" könnte ich mir unter Extrembedingungen theoretisch vorstellen.
Die RÜCKFÜHRUNG der "Überformung" würde den Phänotyp ausformen, als den sich die Seele vermisst?
Spekulation

Was jemand empfindet, ist die eine Seite. Auch ein pathologischer Mörder kann empfinden im Recht zu sein. Wer die subjektive Empfindung über das materielle Sein stellt und daraus noch für die Allgemeinheit "Gesetze" formuliert, kann nicht "normal" sein oder hat in der Schule nicht aufgepasst. Letzteres zeichnet besonders die Grünen aus. Welche Minderheit betrifft das? In Prozent bitte! Demokratie ist auch bei einem Selbstbestimmungsgesetz gültig. Und das bedeutet die Unterordnung einer Minderheit unter die Mehrheit. Alles andere ist Entartung. Welche wie große Wählerminderheit verbirgt sich dahinter. Wessen Interessen vertritt hier unsere Volksvertretung? Richtet sie sich nach demokratischen Prinzipien? Man könnte sagen, dieses Selbstbestimmungsgesetz wurde gemacht, um abzulenken - ein winziger Nebenkriegsschauplatz. Es sieht dem Obertrickser Scholz & Konsorten ähnlich, so etwas zu favorisieren. Werft den Hunden Knochen hin und sie werden sich darum streiten und die Pflichten vergessen

Heidemarie Heim | Mi., 3. Januar 2024 - 17:15

Gleich danach zum HNO-Doc um 2 Bescheinigungen abzugreifen, die man hernach noch am besten notariell beglaubigen lässt, dass man nahezu blind und taub ist um bei Gericht glaubhaft versichern zu können, dass die ungebührliche Falschanrede auf einem "Versehen;)" oder "Verhören" beruhte. Hilfreich vor Gericht ist meines Wissens nach auch eine mangelnde Schuldfähigkeit, etwa hervorgerufen durch Alkohol und andere Substanzen, die eine adäquate Reaktion bzw. Einschätzung der Gefahrenlage möglicherweise beeinflusst haben. Da bekommt der Begriff sich etwas "schön saufen" eine völlig neue Bedeutung;). Aber warten wir getrost dahingehende Anzeigen und Zivilklagen ab. Polizei und Gerichte haben ja ohnehin nix besseres zu tun. Oder die Klage wird mit etwas Glück fallen gelassen, weil der die Kläger/in inzwischen wieder die Identität gewechselt hat;). Anwalts neue Lieblings-Klientel;). Prost Neujahr! An alle "Narrhalesen"! Fastnacht naht! Und denkt dran, die Kostümauswahl wurde eingeschrumpft;)!🤡

Wolfgang Borchardt | Mi., 3. Januar 2024 - 19:01

Gott nichts zwischen Mann und Frau vorgesehen hat (vergessen?), weiß jeder halbwegs Erfahrene, dass im Leben viel weniget Selbstbestimmtes gibt, als junge Menschen glauben. Dass auch das Geschlecht n i c h t dazugehört, belegen die Aussagen und Erfahrungen der Medizin, die die CDU schnell wieder abbestellt hat. Ob Sprache oder Geschlecht, immer liegt der woken Ideologie ein Irrtum zugrunde: Das Bewusstsein bestimmt das Sein. Aber in der Regel ist es umgekehrt. Dieses Gesetz wird einige Opfer fordern, bevor es wieder verschwindet. Diese Politiker verdienen einfach zuviel für das, was sie nicht liefern.

Dr. Rolf Lindner | Mi., 3. Januar 2024 - 19:32

Die frohe Botschaft

Es weihnachtet im deutschen Land,
die meisten sich nach Frieden sehnen,
der Christen Oberhirte gibt bekannt,
die Botschaft zeugt fast Freudentränen.

Endlich nach jahrelangem Streit
und Dienern vor dem Geist der Zeit
ist seine Heiligkeit so weit
zu sehen, dass gebenedeit
sind alle Menschen, die da lieben
und folgen sexuellen Trieben
von Mann zu Mann und Weib zu Weib
nicht nur allein zum Zeitvertreib.

Das ist die Botschaft, die wir brauchen,
mögen auch dort Ruinen rauchen,
wo einst des Christkinds Krippe stand,
und selbst auch hier im eignen Land,
werden die Christenfeinde siegen,
ganz einfach, weil sie Kinder kriegen,
kommt ihnen so der Papst entgegen,
gibt Unfruchtbaren seinen Segen.

Ingofrank | Mi., 3. Januar 2024 - 19:34

In diesem Fall verzeihen …,,
Aber wohin soll eine Gesellschaft geführt werden, in dem eine quakende Minderheit im Promillebereich liegend, der übergroßen Mehrheit etwas aufoktrouren kann, wo sich jeder venunftbegabte Bürger an den Kopf
greift ?
Dekadenz in höchster Potenz, mehr ist zu denen die das gesetztlich zu verantworten haben, nicht zu sagen. Hoffentlich ist dieser Spuk, grün linker unausgebildeten Regierungsideologen bald vorbei.
Jeder soll nach seiner Art leben, im stehen od. Sitzen pinkeln, das Damen- oder Herrenklo benutzen, Hauptsache es wird sauber hinterlassen ….. kein Wunder, dass die ganze Welt über uns lacht ! Und das, vollkommen zu Recht ! ! ! Als ob dieses Land keine anderen Sorgen hat !
MIT freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Dr. Rolf Lindner | Mi., 3. Januar 2024 - 20:15

Eine weibliche Ratte, die man in einer sensiblen Phase mit Testosteron behandelt, versucht eine männliche Ratte zu begatten, der man in einer sensiblen Phase die Hoden entfernt hat und die sich in weiblicher Begattungspose präsentiert. Beide würden das nicht tun, wenn sie sich nicht konträr zum biologischen Geschlecht fühlen würden. Die sensible Phase, in der die sexuelle Differenzierung der Gehirns bei Ratten erfolgt liegt weinige Tage vor- bis 14 Tage nach der Geburt. Davor oder danach finden keine Differenzierungen statt. Beim Menschen liegt die sensible Phase im zweiten Trimester einer Schwangerschafft, in dem hormonelle Dysbalancen die sexuelle Gehirndifferenzierung mehr oder weniger aus dem Gleichgewicht bringen können. D.h., es gibt durchaus ein angeborenes Geschlechtsbewusstsein, das unter Umständen nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt. Gern stelle ich dem Autor Literatur zu diesem Thema zu Verfügung.