Gestapelte Bücher / dpa

Moser liest - Literaturen im März

Zeruya Shalev schreibt mit radikaler Wucht, Bernhard Schlink ist zurück und Sigrid Nunez stellt Tiere in den Mittelpunkt. Ulrike Moser hat die Literaturen im März gelesen.

Autoreninfo

Ulrike Moser ist Historikerin und leitet das Ressort Salon bei Cicero.

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Auflösung im Schmerz

Dieser Frau ist nicht zu trauen. Sie lügt, sie klagt an und beschuldigt sich selbst. Sie wütet, sie versprüht Hass, sie sieht Verschwörungen und Spione. Die Welt, die sie umgibt, hat sich zur Unkenntlichkeit verändert, hat jede Vertrautheit verloren, ebenso ihr Körper, der zum Fremdkörper geworden ist. Vielleicht ist sie wahnsinnig. Nur so viel scheint gewiss, diese Frau hat ihren Mann und das gemeinsame Kind für ihren Liebhaber verlassen. 

Zeruya Shalevs Debütroman „Nicht ich“, der bei seinem Erscheinen 1993 bei der Kritik vor allem „Wut und Unverständnis“ auslöste und der nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegt, ist von radikaler Wucht, ist reine Überwältigung. Dabei, und das ist die große Kunst, gleichermaßen trostlos wie komisch. Es ist die Geschichte eines Verlusts, einer absoluten Halt- und Bindungslosigkeit und einer völligen Auflösung im Schmerz, die dem Leser nichts an die Hand gibt als die zersplitterte Wahrnehmung, die verstörte wie verstörende Weltsicht seiner Erzählerin.

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Sabine Lehmann | So., 17. März 2024 - 17:36

Persönlich im Tal der Tränen angekommen, vermag ich momentan solche Geschichten wie die von der Nähe zwischen Tier und Mensch sehr gut nachzuvollziehen. Im Verlust erkennt man den unendlichen Schmerz über das Endliche, das Vergehen und den Tod. Meine vierbeinige Weggefährtin ist jetzt nur noch in der Erinnerung bei mir. Und es fühlt sich so an als wäre ich selbst innerlich tot.....